IN MEINER WOHNUNG            

 

                                        (Dieter Hartig)

 

 

In meiner Wohnung ist immer was los,

Ich bin nie alleine zu haus´.

Meine Wohnung ist wie eine Bahnstation,

Hier steigt Alles ein und aus.

Das Glück, das Pech, die Angst und der Mut,

Die Gesellig- und Einsamkeit,

Die Traurig und die Fröhlichkeit,

Der Reichtum, das Elend der Neid.

In meiner Wohnung ist immer was los,

Ich bin nie alleine zu haus´.

Heute wird bei mir Karten gespielt,

Ich geb´ sie gerate aus.

Seit zweieinhalb Stunden ärg´re ich mich,

Ich verliere ständig ans Glück.

Was soll´s, was jenes gewonnen hat,

hol´ ich morgen vom Pech mir zurück.

 

In meiner Wohnung ist immer was los,

Ich bin nie alleine daheim.

Und wenn ich merk, wie ich älter wird´,

Dann bin mit der Angst ich zu zwei´n.

Doch wenn ich dann die Menschen seh´,

Die wen´gen die glücklich und gut,

Dann denk ich: Vielleicht gehörst du auch dazu

Und es begleitet mich wieder der Mut.

 

In meiner Wohnung ist immer was los,

Ich bin nie alleine daheim.

Manchmal besucht mich die Einsamkeit

Und redet mir dann immer ein:

Wo ist dein Leben? Was hast du erreicht?

Und daß es immer so bleibt.

Und Zweifel nagen bis die Geselligkeit kommt

Und die Einsamkeit wieder vertreibt.

 

In meiner Wohnung ist immer was los,

Ich bin nie alleine zu haus´.

Mal kehrt bei mir der Reichtum ein

Und sagt deine Sorgen sind aus.

Doch währt das Glück nicht allzu lang,

Denn es lauert schon wieder der Neid.

Und das Elend ist auch nicht weit entfernt,

Denn sie kommen meistens zu zweit.

 

Heute sind sie alle gekommen:

Die Gesellig- und Einsamkeit,

Der Reichtum, das Elend, die Fröhlichkeit,

Die Traurigkeit und der Neid.

Und sind sie einmal nicht bei mir,

In meiner größten Not.

So brauche ich nicht traurig zu sein,

Dann ist bei mir der Tod.